Vorbeugen, Erste Hilfe und Therapiemöglichkeiten
Vorbeugende Maßnahmen
Zur Vorsorge von Blutungen hat sich die regelmäßige Gabe eines Gerinnungsmedikaments bewährt. Mithilfe einer konsequenten Prophylaxe kann das Risiko für Gelenkblutungen deutlich gesenkt werden.6 Das Ziel dabei ist, den Faktorspiegel durchgängig bei mindestens 3 bis 5 % oder höher zu halten. In einem individuellen Therapieplan wird u. a. berücksichtigt, wie stark die Blutungssymptome bei Ihnen ausfallen, wie schnell Ihr Körper das Medikament abbaut und wie körperlich aktiv Sie sind.1
Darüber hinaus tragen regelmäßige Bewegung und gezielte sportliche Übungen einen wichtigen Teil zur Gelenkgesundheit bei. Zum einen werden dabei die Muskelkraft, die Beweglichkeit und Balance sowie die körperliche Wahrnehmung trainiert – all das ist wichtig, um Gelenkblutungen etwa durch Verletzungen zu vermeiden. Bei einer Physio- und Sporttherapie können Sie unter professioneller Anleitung entsprechende Bewegungsabläufe trainieren.7,1 Zum anderen hilft körperliche Aktivität, Übergewicht vorzubeugen. Denn sind die Gelenke zusätzlich durch überschüssiges Körpergewicht belastet, steigt auch das Risiko für Gelenkblutungen.8
In den Kapiteln zur Hämophilie und dem Von-Willebrand-Syndrom erfahren Sie, wie die Therapie für die jeweilige Erkrankung im Speziellen aufgebaut ist.
Erste Hilfe und Akuttherapie
Im Fall einer Gelenkblutung ist rasches Handeln entscheidend:1
- Verabreichen Sie eine Dosis Ihres Faktorpräparats.
- Kühlen Sie das betroffene Körperteil vorsichtig mit einem Coolpack und lagern Sie es hoch. Viele Betroffene empfinden eine leichte Beugung als angenehm und schmerzlindernd. Das Gelenk sollte vorerst nicht bewegt oder belastet werden.
- Kontaktieren Sie Ihr zuständiges Gerinnungszentrum. In bestimmten Fällen kann es notwendig sein, das Blut mittels einer Gelenkpunktion zu entfernen, um schwerwiegende Gelenkschäden zu verhindern.1
Sobald die akuten Beschwerden abgeklungen sind, ist es wichtig, die Beweglichkeit wiederherzustellen. Wird der betroffene Körperteil zu lange geschont, wirkt sich dies negativ auf die Gelenkfunktion aus. Mithilfe einer individuellen Physio- und Sporttherapie wird das Gelenk schrittweise mobilisiert.9,1
Um Schmerzen sowie eine Entzündung in Folge einer Gelenkblutung zu behandeln, kommen Paracetamol und nicht-steroidale Antirheumatika, sog. COX-2-Hemmer, zum Einsatz. Nicht verwendet werden dürfen Ibuprofen und Schmerzmittel mit Acetylsalicylsäure (ASS), da diese das Blutungsrisiko erhöhen.2,1 Stimmen Sie sich in jedem Fall vor der Einnahme von schmerz- und entzündungslindernden Medikamenten mit Ihrer Hämostaseologin bzw. Ihrem Hämostaseologen ab.
Langfristige Maßnahmen
Eine individuell eingestellte Prophylaxe-Therapie mit ausreichend hohen Faktorspiegeln gilt als wichtigste Maßnahme für den Erhalt der Gelenkfunktion.3 Das Risiko für Blutungen soll so niedrig wie möglich gehalten werden, da jede Blutung zur einer langfristigen Schädigung des Gelenks führen kann.4 Auch wird angestrebt, durch die Prophylaxe die Entwicklung von sog. Zielgelenken zu verhindern: Damit werden Gelenke bezeichnet, die innerhalb von 6 Monaten von mindestens 3 Hämarthrosen betroffen sind.1,4
Die Dosierung und das Injektionsintervall des Gerinnungsmedikaments werden u. a. nach dem Alter, dem Gewicht und dem Lebensstil der Patient:innen bestimmt.1 Daher ist es wichtig, dass die Therapie stetig überwacht und bei Bedarf optimiert wird. Sind Sie z. B. sportlich sehr aktiv, sollten Ihr Blutungsschutz sowie der Zeitpunkt der Medikamentengabe dementsprechend angepasst sein.
Eine individuelle Physiotherapie wird auch langfristig zur Vorsorge empfohlen. Dabei werden die Muskeln, die die Gelenke direkt umgeben, gestärkt und ergonomische Bewegungen geübt, um Fehl- oder Schonhaltungen zu korrigieren und Gelenkverschleiß vorzubeugen. Zusätzlich werden in einer speziellen Sporttherapie Kraft, Beweglichkeit, Koordination und Ausdauer trainiert, wodurch Schmerzen gelindert und Hämarthrosen verhindert werden können.2 Mehr dazu lesen Sie unter Sporttherapie und Sportprogramme.
Ein weiterer Bestandteil der langfristigen Behandlung ist die einmal jährlich stattfindende Kontrolle des Gelenkstatus. In einer orthopädischen Untersuchung und einer Ultraschalluntersuchung können Ihre Behandler:innen den Zustand Ihrer Gelenke ermitteln.2
Bei bestehenden Gelenkschäden stehen unterschiedliche Möglichkeiten zur Verfügung, um Beschwerden zu lindern und das Gelenk zu entlasten. So können etwa orthopädische Hilfsmittel eingesetzt oder die Entzündung durch verschiedene Behandlungsverfahren bekämpft werden. Welche Option für Sie geeignet ist, bespricht Ihre Hämostaseologin bzw. Ihr Hämostaseologe mit Ihnen.