Beziehung

Eine seltene Blutgerinnungsstörung wie die Hämophilie oder die Von-Willebrand-Erkrankung (VWE) kann eine besondere Herausforderung für eine Beziehung darstellen. Mit Offenheit und Vertrauen lässt sich diese jedoch gut meistern.

Keine Scheu vor offenen Worten

Wie sage ich‘s?

In einer neuen Beziehung gibt es zahlreiche Gesprächsthemen, durch die man sich besser kennenlernen kann. Doch eine erbliche Blutgerinnungsstörung, Medikamente und eventuelle Einschränkungen sind nicht der leichteste Gesprächsstoff. Wichtig ist, dass Sie sich bereit fühlen, sich Ihrer neuen Partnerin oder Ihrem neuen Partner auch in dieser Hinsicht anzuvertrauen. Wann der richtige Zeitpunkt dafür da ist, lässt sich nicht pauschal beantworten. Hilfreich ist es in jedem Fall, sich frühzeitig zu überlegen, welche Fragen und vielleicht auch Sorgen Ihr Gegenüber haben könnte und wie Sie diesen begegnen könnten. Erklären Sie, wie sich Ihr Leben mit der Blutgerinnungsstörung gestaltet, und seien Sie offen für Rückfragen.

Eventuell kommen Sie irgendwann auch auf das Thema Kinder und die Gründung einer Familie zu sprechen. Dann wird die Frage im Raum stehen, ob und wie die Blutgerinnungsstörung vererbt werden kann. Wenn Sie sich beide Kinder wünschen, muss die Erkrankung dabei kein Hindernis sein: Mit einer Blutgerinnungsstörung wie der Hämophilie oder der VWE ist heutzutage dank moderner Therapien ein nahezu normales Leben möglich.1 Mehr dazu finden Sie im Artikel Familienplanung.

Balance im Beziehungsalltag

Teilen Sie Ihrem Partner oder Ihrer Partnerin Ihre Bedürfnisse mit – dazu gehört auch, ob und wo Sie unterstützt werden möchten. Achten Sie beide auf die Balance: Ist die Krankheit gar kein Thema, fühlen Sie sich womöglich übersehen oder die Erkrankung wird zum unsichtbaren, aber einflussreichen Dritten in Ihrer Beziehung; ist sie jedoch Dauerthema, gehen womöglich die Bedürfnisse Ihrer Partnerin oder Ihres Partners unter. Was als Mittelmaß zwischen Rücksichtnahme und gesundem Egoismus gilt, handeln Sie gemeinsam aus. Sicherlich braucht es dazu ein wenig Übung. Doch mit offener Kommunikation können Sie sich immer besser aufeinander einspielen.

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Aktives Sexualleben trotz Blutgerinnungsstörung

Wenn Sie mit einer Blutgerinnungsstörung leben, ist es ganz normal, dass Ihnen beim Thema Sexualität viele Fragen durch den Kopf gehen. Vielleicht fühlen Sie sich unsicher oder Sie machen sich Gedanken, wie Ihr Körper auf bestimmte Bewegungen oder Situationen reagiert. Solche Überlegungen sind verständlich und wichtig. Aber auch hier gilt: Mit etwas Wissen, Offenheit und Achtsamkeit können Sie Ihr Liebesleben so gestalten, dass es zu Ihnen passt.

Wie bei jeder anderen körperlichen Aktivität kann es auch beim Sex zu Beschwerden wie Gelenkschmerzen oder Blutungen kommen.2 Deswegen ist es wichtig, dass Sie auf Ihren Körper hören und Warnzeichen ernstnehmen. Teilen Sie Ihrem Gegenüber mit, wenn sich etwas nicht gut anfühlt. Sie können jederzeit eine Pause einlegen oder ganz aufhören. Wenn Ihnen eine Position Schmerzen bereitet, probieren Sie behutsam ein wenig herum oder setzen Sie Hilfsmittel wie etwa ein Kissen ein, um bestimmte Körperbereiche zu stützen, zu polstern oder zu erhöhen. Auch Gleitgel kann hilfreich sein – insbesondere bei vaginaler oder analer Penetration, um Reibung zu mindern und so das Risiko für Blutungen zu senken.2 Die Hauptsache ist, dass Sie sich beide damit wohlfühlen.

Kommt es zu Blutungen, sollten Sie sich wie gewohnt Ihr Faktorpräparat spritzen. Sie können sich das Präparat auch schon vor dem Sex verabreichen, wenn Sie sich dann sicherer fühlen.2

Mit der Pille verhüten

Mit körperlicher Intimität geht auch die Wahl passender Verhütungsmittel einher. Oft wird die Antibabypille genutzt, um ungewollte Schwangerschaften zu verhindern. Das kann auch für Menschen mit Blutgerinnungsstörungen eine Option sein. Die Pille kann sogar einen positiven Effekt auf die Blutgerinnung haben: Sie kann die Konzentration bestimmter Gerinnungsfaktoren im Blut anheben und dadurch zum Beispiel starke oder verlängerte Monatsblutungen abschwächen.3

Allerdings gibt es auch Pillenpräparate, die das Risiko für eine Thrombose steigern können. Das kann bei Menschen mit bestimmten Gerinnungsstörungen besonders relevant sein: So können etwa Patient:innen mit der VWE durch die Therapie bereits ohnehin ein erhöhtes Thromboserisiko haben.4 Deshalb ist es wichtig, die Wahl der Verhütungsmethode gemeinsam mit Ihren Ärzt:innen zu treffen und individuell auf Ihre Situation abzustimmen.

Kommunikation ist das A und O

Wie erfüllend man das eigene Liebesleben empfindet, kann den allgemeinen Gesundheitszustand und die Lebensqualität beeinflussen.5,6 Daher ist auch hier eine offene Kommunikation wichtig – sowohl mit Ihrer Partnerin oder Ihrem Partner als auch mit medizinischen Expert:innen.7 Wenn Sie sich aufgrund Ihrer Erkrankung in Ihrer Sexualität eingeschränkt oder unwohl fühlen, kann ärztlicher Rat helfen – auch wenn es zunächst vielleicht etwas Überwindung kostet. Machen Sie sich bewusst, dass Sie kein Tabu brechen, wenn Sie sexuelle Probleme gegenüber Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt ansprechen. Auch innerhalb Ihrer Beziehung kann es sich lohnen, aufgeschlossen und aufrichtig zu sein: Erklären Sie Ihrer Partnerin oder Ihrem Partner Ihre Bedürfnisse und bleiben Sie offen dafür, was sie oder ihn gerade beschäftigt.5,7

Außerdem kann es hilfreich sein, mit anderen Menschen, die von einer Blutgerinnungsstörung betroffen sind, über sexuelle Unsicherheiten zu sprechen. In Patientengruppen können die Teilnehmenden ihre Erfahrungen austauschen und auch gegenseitig offene Fragen beantworten.

Bei Bedarf können Sie sich zudem professionelle Unterstützung holen, beispielsweise von pro familia. Der führende Fachverband für Sexualberatung, Sexualpädagogik und Familienplanung setzt sich für das Recht auf selbstbestimmte Sexualität ein, stellt verschiedene Infomaterialien bereit und hat Beratungsstellen in ganz Deutschland.8

Referenzen

  1. Bidlingmaier C et al. Ein Kind mit Hämophilie. Deutsche Hämophiliegesellschaft zur Bekämpfung von Blutungskrankheiten (DHG) e. V. (Hrsg.), Oktober 2020. 
Verfügbar unter: https://www.dhg.de/fileadmin/dokumente/sonderdrucke/Ein_Kind_mit_Haemophilie.pdf (abgerufen am 23.05.2025).
  2. The Haemophilia Society. Sex and bleeding disorders, 2020. 
https://haemophilia.org.uk/resources/publications/booklets/sex-and-bleeding-disorders/ (abgerufen am 28.05.2025).
  3. Irish Haemophilia Society. Women & Bleeding Disorders. Treatment, o. J. 
https://haemophilia.ie/living-with-bleeding-disorders/women-bleeding-disorders/treatment/ (abgerufen am 28.05.2025).
  4. Franchini M et al. Prophylactic management of patients with von Willebrand disease. Therapeutic Advances in Hematology. 2021; 12:1-12. 
https://journals.sagepub.com/doi/10.1177/20406207211064064 (abgerufen am 28.05.2025).
  5. Blamey G et al. Hemophilia and sexual health: results from the HERO and B-HERO-S studies. Patient Related Outcome Measures 2019; 10:243-255. 
https://www.tandfonline.com/doi/epdf/10.2147/PROM.S211339?needAccess=true (abgerufen am 23.05.2025).
  6. Chai-Adisaksopha C et al. Sexual Health in Patients with Hemophilia; The Insights from the Patient Reported Outcomes, Burdens and Experiences (PROBE) Study. Blood. 2017; 130(1):2141. 
https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0006497119826575 (abgerufen am 23.05.2025).
  7. Herscovici I. Sexualität bei chronischer Krankheit, o. J. Selpers. 
https://selpers.com/blog/sexualitaet-bei-chronischer-krankheit/ (abgerufen am 23.05.2025).
  8. pro familia Deutsche Gesellschaft für Familienplanung, Sexualpädagogik und Sexualberatung e. V. Bundesverband - profamilia.de. Wissenswertes über den Verband, o. J. 
https://www.profamilia.de/pro-familia/alles-ueber-den-verband (abgerufen am 27.05.2025).

EXA/DE/HG/0334

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